Dein Kind isst besser, als du denkst! Vertraue dem inneren Ernährungskompass!
Katharina
18. Nov. 2020
Wie ernähre ich meine Familie gesund? Was kann ich tun, wenn mein Kind sehr wählerisch ist? Und wie schaffe ich es, dass der Nachwuchs mehr Gemüse isst? Als Eltern fühlen wir uns beim Thema Ernährung oft unter Druck gesetzt. Widersprüchliche Empfehlungen, Tipps, Vorgaben und Regeln prasseln auf uns ein: Wir lesen, dass Zucker uns (angeblich) krank macht – und sehen uns in der Verantwortung, zuckerhaltige Lebensmittel einzuschränken.
Wir lernen, dass Gemüse viele Vitamine hat – und in uns keimt die Angst auf, dass unsere Kinder nicht genügend Nährstoffe erhalten, wenn sie das Gemüseangebot am Familien-Esstisch grundsätzlich mit einem Nasenrümpfen quittieren.
Dabei haben Kinder gute Gründe, bestimmte Lebensmittel abzulehnen. Ihr Körper sorgt auf ganz natürliche Weise dafür, dass sie sich ausgewogen ernähren. Wir sollten ihnen in puncto Ernährung mehr vertrauen. Ja, ihr lest richtig: Vertrauen.
Unser Körper, ein Wunderwerk!
Einen gelassenen und vertrauensvollen Blick auf die Ernährungsgewohnheiten von Kindern zu entwickeln, das erscheint vielen Eltern im ersten Moment abwegig. Deshalb ist es wichtig, sich vor Augen zu halten, dass jedes Kind über einen faszinierenden, inneren Ernährungskompass verfügt, wenn es zur Welt kommt: seine natürliche Körperintelligenz.
In der Regel funktioniert die Nahrungsaufnahme nach der Geburt mit einer fantastischen Perfektion: Das Baby schreit und wir realisieren, dass es hungrig ist. Hat das Baby getrunken, schläft es wohl gesättigt wieder ein. Hunger und Sättigung sind komplexe hormonelle Vorgänge und es ist beeindruckend, wie ausgefeilt und perfekt die Körperfunktionen ineinander greifen, obwohl diese komplexen Prozesse noch nicht bis ins letzte Detail erforscht sind.
Die Körperintelligenz als verlässlicher Ernährungskompass
Kinder kommen zur Welt und wissen nicht, dass Kohlenhydrate angeblich dick machen. Sie wissen nicht, dass Eiweiß lange sättigt und zu viel Zucker dazu führen kann, dass wir schnell wieder hungrig werden. Sie können und müssen sich beim Essen einzig und allein auf ihren inneren Ernährungskompass verlassen. Jeder Mensch spürt intuitiv, welche Lebensmittel ihm gut bekommen. Unser Körper schützt uns auf natürliche Weise vor einem Nährstoffmangel und macht uns Appetit auf bestimmte Lebensmittel, um rundum gut versorgt zu sein. Manchmal empfinden wir auch eine klare Abneigung gegenüber Lebensmitteln, die andere Menschen unglaublich gerne und mit viel Genuss essen.
Gleichzeitig entwickeln wir bestimmte Präferenzen für Lebensmittel, die uns immer wieder angeboten werden und von denen wir wissen, dass sie uns guttun. Und ja: Die allermeisten Menschen haben eine Vorliebe für süße Speisen. Und das hat auch einen evolutionsbiologischen Grund: Es gibt weltweit kein einziges Lebensmittel, das gleichzeitig süß und giftig ist.
Wenn wir uns intuitiv ernähren, folgen wir unseren inneren Körpersignalen. Wir essen immer dann, wenn wir hungrig sind. Darüber, was wir essen, entscheiden nur unser Appetit und die individuelle Bekömmlichkeit. Und die Menge? Die bestimmt das Sättigungsgefühl. „Satt ist satt“ – deshalb lassen intuitive Kinder auch Schokolade übrig oder geben ihr Eis zurück, wenn sie sich angenehm gesättigt fühlen.
Kinder sind die wahren Ernährungsexperten!
Da Kinder noch nicht so sehr durch Ernährungswissen vorgeprägt sind, wie Erwachsene, spüren sie ihre Körpersignale sehr gut: Sie essen undogmatisch und mit Freude. Sie achten nicht auf Kalorien, Fett- oder Kohlenhydratanteil. Sie essen das, was ihnen gut bekommt.
Und sie erkennen oft schon am Geruch, welche Lebensmittel für sie eher ungünstig sind. Empfehlungen für eine „gesunde“ Ernährung kann es deshalb nie für alle Menschen geben, denn: Wir alle essen anders. Wir haben unterschiedliche Geschmacksvorlieben und das, was der eine unglaublich gut verträgt und gerne isst, kann einen anderen Menschen vermutlich sogar krank machen. Vollkornprodukte können zu Entzündungen im Darm führen, wenn unser Körper sie nicht gut verdauen kann. Die Regel „Vollkorn ist immer die beste Wahl“ kann deshalb nicht für alle gleichermaßen gelten.
Wenn wir Kinder möglichst vielfältige Lebensmittel anbieten, wird sich jedes Kind ausgewogen ernähren. Denn ihr innerer Ernährungskompass funktioniert perfekt! Solange wir nicht anfangen, diesen Kompass aus dem Gleichgewicht zu bringen.
Einseitig oder ausgewogen?
Und dennoch: Als Eltern haben wir oft den Eindruck, unsere Kinder würden zu einseitig essen. Ein spannendes Experiment hat gezeigt: Kinder, die nach dem Abstillen sechs Monate lang frei und ohne Einflussnahme der Eltern beim Essen wählen durften, ernährten sich phasenweise tatsächlich eher einseitig. Nach einiger Zeit wurden ihre Vorlieben beim Essen aber durch komplett andere Vorlieben abgelöst mit dem Ergebnis, dass die Ernährung im Monatsdurchschnitt ausgewogen war! Dieses Ergebnis ist wenig überraschend, wenn wir uns vor Augen halten, dass unser Körper auf Überleben programmiert ist. Er beugt auf natürliche Art und Weise einer Mangelerscheinung vor – einfach, indem er uns Appetit auf andere Lebensmittel macht. Schlauer Körper!
Intuitiv essen in der Familie: Wie kann es funktionieren?
Die wichtigste Voraussetzung ist: ein buntes und vielfältiges Lebensmittelangebot anbieten! Wenn jeden Morgen routiniert das Marmeladentoast auf dem Tisch steht, können Kinder keinen Appetit auf ein Käse-Brötchen, ein Müsli oder einen Obstsalat entwickeln.
Deshalb: lieber Vielfalt statt Routine! Vielleicht nehmt ihr euch mal vor, gemeinsam neue Lebensmittel zu entdecken? Ihr könntet beispielsweise jede Woche ein „neues“ Lebensmittel in den Einkaufswagen legen.
Neben einem vielfältigen Angebot ist aber auch ein neutraler Blick auf Lebensmittel wichtig. Kindern zu erklären, was „gesund“ und was „ungesund“ ist, führt meist dazu, dass sie vermeintlich gesunde Lebensmittel mit „schmeckt mir eh nicht“ assoziieren. Warum? Gemüse, Obst und andere vermeintlich gesunde Lebensmittel sind bei Kindern häufig mit Druck, Zwang und Bevormundung besetzt.
Wer erst den Brokkoli aufessen MUSS, bevor er einen Nachtisch haben darf, dem wird im Laufe der Zeit die Lust auf das grüne Gemüse vergehen. Wenn wir den Brokkoli und den Pudding aber gegenüber den Kinder weder auf- noch abwerten, kann das Kind frei wählen, worauf es am meisten Appetit hat.
Und nein, der Ansatz der intuitiven Ernährung bedeutet keineswegs, dass Kinder ab sofort immer alles essen dürfen. Denn nicht immer greifen sie aus Hunger zu. Manchmal wird Essen auch als Ventil für unerfüllte Bedürfnisse genutzt. Für diese Situationen sollten Eltern eine Achtsamkeit entwickeln und versuchen, sie empathisch und einfühlsam aufzulösen.
Wenn ihr euch eine persönliche Beratung wünscht, könnt ihr mich jederzeit auf Parentime kontaktieren.