Harmonisch durch die Trotzphase
Richard
12. Mai 2021
Hallo, mein Name ist Richard und zukünftig werde ich aus meiner Vaterperspektive über unser Familienleben für Parentime schreiben. Heute möchte ich mit euch meine Gedanken zur Trotzphase unseres Kindes teilen.
Wenn, das-Forderungen
Die sogenannte Autonomiephase bei Kleinkindern trifft uns Eltern immer wieder mit voller Wucht. Wenn das Kind "trotzt", erreichen Mama und Papa schnell ihre nervliche Grenze. Schreien, Tränen und verzweifelte "Wenn..., dann..." Forderungen sind oftmals die Folgen.
Im dritten Lebensjahr eines Kindes erreicht die erste, große Trotzphase häufig ihren Höhepunkt. So auch bei uns und unserem Sohn Hugo, der im Februar diesen Jahres drei Jahre alt geworden ist. Gerne möchte ich euch spannende Einblicke aus unserem Familienleben geben und euch Wege aufzeigen, die uns geholfen haben, unseren Familienalltag harmonischer zu machen.
Das Kind in der Trotzphase wahrnehmen
Eine der größten Herausforderungen am Elternsein ist für mich, mein Kind bedürfnisorientiert wahrzunehmen und zu begleiten. In den meisten Phasen, vor allem in den ersten Lebensmonaten und -jahren, ist es dabei ein auf und ab. Ich halte mir immer wieder vor Augen, wie viel in dieser Zeit bei meinem Kind passiert, eine so rasante Entwicklung mit vielen ersten Entdeckungen und Eindrücken, komprimiert in jeweils wenigen Wochen bzw. Monaten eines Kindes.
Ich habe bereits diverse, sehr hilfreichen Eltern-Ratgeber gelesen und achte immer wieder darauf, meine und die Bedürfnisse unseres Sohnes zu vereinen. Jedoch: Leichter gesagt als getan. Dieser Spagat ist doch meist sehr groß. Wenn Hugo spielt, hat dies für ihn eine wesentlich höhere Wichtigkeit als für mich oder meine Frau in dem Moment. Auch sein Zeitempfinden ist natürlich ein ganz anderes als unseres.
Wenn wir eine dieser lästigen Alltagsverpflichtungen, wie z.B. Zähneputzen, versuchen wahrzunehmen, bedeutet unser „Jetzt!" nicht zwingend für Hugo „Jetzt mitkommen". Andersherum ist der Geduldsfaden eines Kleinkindes natürlich wesentlich kürzer, als der von uns Erwachsenen. Auch in puncto Prioritäten gehen Eltern und Kind häufig eher "getrennte Wege". Unser Alltag hat für Hugo nur sehr wenig Priorität. Wie auch, viele unserer Aufgaben oder Verpflichtungen sind nun einmal in seiner Welt für ihn nicht spannend. Wir setzen die Termine, Verabredungen etc. fest. Seine direkte Kooperation kann ich in solchen Momenten also nicht wirklich erwarten.
Überall lauern die Auslöser für „trotziges Verhalten", welches viel Stresspotenzial in den Familienalltag bringt. Meine Erfahrung ist hier, die eigenen Bedürfnisse hinten an zu stellen und dem Kind Raum zu geben. Verständnisvolle Kommunikation auf Augenhöhe, die dazu führt, dass mein Kind meine Bedürfnisse, wie z.B. die Wichtigkeit von geputzten Zähnen, ebenso wahrnimmt und wir dadurch einen Konsens schließen können. Selbstverständlich kooperiert Hugo dann nicht sofort, aber oftmals hilft es auch, ihm in Folge der Kommunikation Raum zu geben, ihn vielleicht eine Sache beenden zu lassen, um dann gemeinsam Zähneputzen zu gehen.
Das Kind in der Trotzphase begleiten
Ein wesentlicher Aspekt in der Autonomiephase ist die Persönlichkeitsentwicklung. Wir Eltern spielen dabei natürlich eine zentrale Rolle, sind wir als Vater und Mutter doch die innigsten Bezugspersonen und Vorbilder. Und gleichzeitig sind wir in der Autonomiephase dementsprechend der Gegenpol für das Kind. So äußert sich das Trotzen anfangs noch mild, in dem das Kind einfordert, alles selber machen zu wollen. Später dann zeigt sich vermehrt der starke Wille in Form von Wutausbrüchen oder in der Reaktion, nicht kooperieren zu wollen, wie z.B. bei gemeinsame Unternehmungen.
Unsere Erkenntnis: Wir Eltern müssen uns hier immer vor Augen halten, dass unsere Bedürfnisse und die unserer Kinder mitunter weit auseinander gehen. Das, was meinem Kind in einem speziellen Moment wichtig ist, wie z.B. vertieft in einem Spiel zu sein, passt ggf. gerade nicht in unseren Zeitplan. Dieser könnte beispielsweise vorsehen, dass wir eine Verabredung auf dem Spielplatz wahrnehmen wollen und los müssen. Hier ist es wichtig und so unfassbar schwer zugleich, dass wir Eltern nicht nur an unseren Zeitplan denken, sondern auch an die Bedürfnisse unseres Kindes. Am ehesten geschieht das in Form von Kommunikation. Und:
Geduld! Geduld, Geduld, Geduld
Es sagt bzw. schreibt sich natürlich so leicht, ich weiß. Auch uns fällt es oftmals unglaublich schwer. Manchmal ist es auch einfach nicht drin. Nichtsdestotrotz ist es etwas, das sich inzwischen in meinem Kopf verankert hat, vor allem weil es funktioniert. Unser Sohn merkt, dass wir ihn wahrnehmen, ihm zuhören und immer auf derselben Seite stehen, auch wenn es mal laut wird, Tränen fließen und wir das Gefühl von Verzweiflung haben.
Dazu gehört auch ständiges Wiederholen. Natürlich macht es keinen Spaß, abends 15, 20 Minuten damit zu verbringen, gemeinsam auf dem Bett zu sitzen und immer wieder unseren Sohn zu bitten, sich jetzt umzuziehen. Aber wir haben festgestellt, wie wichtig die Kommunikation auf Augenhöhe ist und die Eltern-Kind-Bindung langfristig positiv beeinflusst.
Unsere Herausforderungen in der Autonomiephase
Ja, unsere Kinder können uns bis ins Nirvana reizen, uns zur Weißglut treiben und manchmal scheint es aussichtslos.
All das fühle ich in diesen Momenten. Aber dann versuche ich mich zu besinnen und mich in den Hintergrund zu stellen. Ich atme ein paar Mal tief durch, bitte Hugo auch tief durchzuatmen. Denn oftmals wird eine Mücke zum Elefanten gemacht und dann können nur wir Eltern diese Situation durchbrechen. Dies gelingt, durch Begleiten. Manchmal hilft es mir auch, den Raum kurz zu verlassen, um durchzuatmen und den Weg zurück zum Ausgangspunkt zu finden. Denn wenn wir zu dieser Mücke als Ursprung für einen Wutanfall zurückkehren, gelingt es uns auch sehr oft, einen Trotzanfall harmonisch zu begleiten und gemeinsam zurück in den Familienalltag zu finden.
Und dann gibt es da auch wieder die Momente, in denen es schier ausweglos scheint. Die Geduld ist erschöpft, andere Umstände haben einen maximal gestresst oder oder oder. Oft genug haben wir den vermeintlich letzten Joker gezogen: „Wenn Du jetzt nicht mitkommst, Dich umziehst, dann kommt dieses Spielzeug in den Keller." Oder lautes, deutliches: „3..., 2..., 1... 2 "– natürlich wir sind am A..., wenn wir mal bei 1 ankommen und es nicht funktioniert, hahaha. Und vielleicht mag es hier und da doch funktionieren. Aber eigentlich ist das nicht die Art und Weise, wie wir mit unserem Kind umgehen wollen.
Als Eltern müssen wir uns in solchen Momenten also immer hinterfragen, was bei meinem Kind hängen bleibt. Was nimmt mein Kind aus dieser Art der Kommunikation mit? Ich denke mir, es kann nur etwas Negatives sein. Und deswegen erfordern die vielen Trotzphasen von uns Erwachsenen, die nun einmal erfahrener sind, Geduld, Geborgenheit und den Blick auf das Kind.
Das elterliche Zusammenspiel
In unserem Fall reden wir von "lediglich" einem Kind. In der Vergangenheit war es bei uns häufig so, dass wir beide während eines Wutausbruchs oder einer Konfliktsituation anwesend waren. Im Grunde genommen, um uns gegenseitig zu unterstützen. Allerdings haben wir festgestellt, dass das genau das Gegenteil bewirkt.
Wenn Hugo sich nur auf eine Person konzentrieren kann, klappt ein harmonisches Zusammenspiel in der Regel deutlich besser. Auch gibt es uns die Möglichkeit, uns ggf. abzuwechseln, sollte bei einem von uns der Geduldsfaden reißen. Nichtsdestotrotz ist es aber so, dass unsere grundsätzliche Herangehensweise dabei immer dieselbe ist:
Geduldig bleiben, auf Augenhöhe agieren und die Bedürfnisse achten.
Liebe Grüße von Richard