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Interview mit Dadpreneur Matthias Hombauer

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Jasmin

29. Apr. 2021


Lieber Matthias, stell Dich doch kurz mal vor. Auf Instagram bezeichnest Du Dich als Dadpreneur. Was machst Du genau?

Hallo, ich heiße Matthias und unsere Familie besteht aus Mia (4,5 Jahre), Noa (2 Jahre) und meiner wundervollen Frau Lin. Wir wohnen in Wien.

Nach meinem Abschluss als Doktor der Molekularbiologie entschloss ich mich meinen beiden Leidenschaften Musik und Fotografie zu folgen und wurde Konzertfotograf. Mittlerweile hatte ich schon fast jeden vor der Linse, von den The Rolling Stones, über Metallica bis hin zu den Foo Fighters, und arbeitete mit Brands wie Instagram oder Live Nation zusammen.

Nachdem meine Kinder geboren wurden, dachte ich mir, mein größter Wunsch wäre es bei meinen Kindern zu sein, um diese einmalige Zeit bewusst zu erleben. Also entschloss ich mich, von zu Hause zu arbeiten und baute die weltweite größte Konzertfotografie-Community auf www.howtobeacomearockstarphotographer.com. Darauf verkaufe ich meine Online-Kurse und ich habe auch einen Podcast mit 100 Episoden aufgenommen.

Der Begriff Dadpreneur = Dad + Entrepreneur stammt daher, dass ich mir durch dieses Onlinebusiness ein passives Einkommen generiert habe und daher in der Lage bin, die meiste Zeit mit meinen Kindern zu verbringen.

Du bist auf Instagram - was erfahren die Nutzer auf Deinem Profil?

Ehrlich gesagt bin ich auf meinem persönlichen Profil nicht sehr aktiv und daher poste ich auch nur selten Fotos. Ich habe aber meinen Businessaccount @htbarp (How to Become A Rockstar Photographer) mit meinem Hashtag #htbarp der 497 000+ mal verwendet wurde und eine großartige Konzertfotografie Galerie auf Instagram beinhaltet.

Was hast Du in Deiner Rolle als Vater am meisten über Dich und das Leben gelernt?

Ich habe auf jeden Fall gelernt, dass man sich selbst nicht als das Wichtigste sehen sollte. Sobald man Vater ist, wird einem das ganz schnell bewusst. Ich habe auch bemerkt, wie ungeduldig ich immer war. Früher ist man unangenehmen Situationen im Leben leicht ausgewichen, aber mit Kindern kann man die Stresssituation nicht einfach verlassen.

Ich glaube, dabei ist es wichtig, immer wieder zu reflektieren und sich selbst zu fragen, warum manche Situationen solche starken Gefühle, wie Ärger, Unzufriedenheit, Ungeduld usw. in einem auslösen. Je bewusster einem das als Vater wird, desto besser kann man damit umgehen.

Haben sich Deine Prioritäten und Werte mit Deiner Vaterrolle verändert? Wenn ja, wie?

Auf jeden Fall. Was mir früher als das Wichtigste erschien, wie z.B. auf der Couch mit Freunden zu sitzen und Musik zu hören (natürlich nur Vinyl), ins Kino zu gehen, mit Bands zu touren und in abgefuc*ten Clubs abzuhängen, hat nach der Geburt meiner Kinder schnell an Glanz verloren.

Zurzeit vermisse ich diese Dinge auch nicht. Klar, wäre es cool, wieder einmal auf ein Konzert gehen zu können, aber das findet nicht mehr in der Intensität statt, wie ich es vorher gelebt habe.

Wir von Parentime möchten Eltern als Team stärken. Was braucht es für ein gutes Elternteam aus Deiner Sicht? Wie organisiert Du Dich mit Deiner Partnerin?

Mit der Geburt von Kindern wird auch die Beziehung zu Deinem Partner/Deiner Partnerin auf die Probe gestellt. Jeder, der Kinder hat, weiß, dass es nicht immer einfach ist. Es gibt oft Situationen, in denen man selbst die Geduld verliert oder ein ohnehin schon stressiger Tag nochmals an Intensität zunimmt. Z.B. wenn man am Abend genervt schon fünf Mal gesagt hat, dass jetzt Schlafenszeit ist, die Kids aber anscheinend nichts davon wissen wollen. Dabei kann es leicht dazu kommen, dass auch der Partner oder die Partnerin gereizt reagiert und es in einem verbalen Schlagabtausch endet, wer jetzt eigentlich das Richtige tut.

Eine Strategie, die ich und meine Frau verfolgen, ist eine offene und ehrliche Kommunikation darüber zu haben. Wenn man sich in Ruhe hinsetzt und darüber sprechen kann, dann lösen sich meistens die Probleme in Luft auf. Bis jetzt hat das bei uns sehr gut geklappt.

Eltern sein und Paar bleiben ist nicht einfach für viele Eltern. Was unternimmt ihr, um euch als Paar nicht zu verlieren?

Wir hatten den Ansatz, dass wir mindestens einmal in der Woche Essen gehen oder monatlich einen Kinobesuch planen. Was ist daraus geworden? Nicht viel. ;)

Der Alltagsstress, der Beruf und zwei Kinder machen es nicht einfach, einen strikten Plan zu verfolgen. Flexibilität scheint das Zauberwort zu sein. Denn wenn die Kinder mal wieder krank sind, ist der Plan schon wieder verworfen. 

Wir versuchten, dass eine oder andere Mal ins Restaurant zu fahren, nachdem die Kinder eingeschlafen sind und die Oma aushalf. Aber wir bemerkten, dass es eigentlich nicht viel Spass macht, um 22 Uhr essen zu gehen. Für Kino waren wir dann auch immer zu müde und so beschlossen wir keinem strikten Plan zu folgen, sondern flexibel von Tag zu Tag zu planen.

Wir verbringen jetzt unsere Abende lieber gemeinsam zu Hause und genießen zumindest für ein paar Stunden die Ruhe. ;)

Wie wichtig ist Dir ME TIME? Nimmst Du Dir regelmäßig Auszeiten und wenn ja, wann und was tust Du dann?

Ich habe mich die letzten Jahre sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigt, da ich der Meinung bin, dass man selbst nur gut funktionieren kann, wenn man auf seine Gesundheit und mentale Stärke Acht gibt. Dabei bin ich durch viel Lesen auf das Konzept von gesunden Gewohnheiten (Habits) gestoßen und habe sehr viel an mir selbst herumexperimentiert. Mittlerweile bin ich mit 41 Jahren gesünder und fitter als je zuvor. Ich kann mich über Meditation und Atemtechniken selbst aus Stresssituationen herausholen und arbeite dann effizienter und konzentrierter. 

Diese Strategien und Techniken sieht man hauptsächlich bei sogenannten „High Performern“. Also Menschen, die überdurchschnittlich viel erreichen, bekannt aus den USA, speziell im Silicon Valley.

Wichtig dabei ist aber, die persönliche Situation als Vater zu erkennen und nicht alles blindlings umsetzen zu wollen. Ja, es mag sein, dass es produktiv ist, jeden Tag frühmorgens um 4:30 Uhr aufzustehen. Aber ich habe für mich gemerkt, dass ich das von meinem Energielevel her nicht schaffe. Daher stehe ich um 7 Uhr auf, sodass ich 7-8 Stunden schlafen kann. Ich priorisiere Schlaf gegenüber allem anderen.

Ich sehe immer öfter im Freundeskreis, dass sehr viele Väter mit Beruf und Familie überfordert sind. Entweder man arbeitet zu lange. Dann wird einem nachgesagt, nicht bei den Kindern zu sein. Oder man entscheidet sich für die Familie, was allerdings häufig schwierig ist, mit dem Arbeitgeber zu koordinieren.

Daher möchte ich Vätern helfen, Business und Familie unter einen Hut zu bringen, ohne in Stress zu geraten oder einen Bereich vernachlässigen zu müssen. Das ist möglich, wenn man die richtigen Strategien und das persönliche Wachstum zulässt. Denn jeder Vater möchte schließlich ein gutes Vorbild für seine Kinder sein und da fängt man am besten bei sich selbst an.

Welche wertvollen Erfahrungen bzw. Tipps würdest Du mit Eltern, vor allem mit Vätern, teilen, die zum ersten Mal ein Kind erwarten?

Lasst euch nicht mit Tipps und Ratschlägen aus eurem Umfeld aus der Ruhe bringen. Findet und geht euren eigenen Weg... dieser wird der richtige sein. 

Bevor meine Tochter Mia zur Welt kam, begann ich nervös Bücher und Videos über die perfekte Erziehung von Kindern zu studieren. Ich bemerkte aber schnell, dass der eine Experte eine bestimmte Theorie hatte und der andere Experte wiederum die genau gegenteilige Meinung vertrat. Ich dachte mir: „Was ist richtig? Was soll ich bloß tun?“ Das erzeugte in mir einen inneren Stress, der auch auf meine Frau übersprang und wir diskutierten immer wieder stundenlang, welcher Weg wohl der Richtige sei. Nach einiger Zeit beschloss ich auf mein inneres Gefühl zu hören und mir mein Leben nicht mehr damit schwer zu machen, indem ich mich in eine vorgegebene Nische von Erziehungsratgebern zwänge. Deswegen mein Tipp: „Einfach darauf los, wenn es so weit ist. Ihr schafft das!"

Welchen Leitspruch/welches Lieblingszitat hast Du?

“The fastest way to change yourself is to hang out with people who are already the way you want to be.“ Ben Casnocha

Lieber Matthias, herzlichen Dank für das sehr inspirierende und ehrliche Interview.