Interview mit Katja, Gründerin von LAUFMAMALAUF
Jasmin
05. Mai 2021
Liebe Katja, stell Dich doch bitte kurz mal vor. Wer bist Du und was machst Du aktuell?
Ich bin Katja, Mutter von zwei erwachsenen Söhnen (21 und 23 Jahre alt) und lebe mit meinem Mann in Berlin. Ich habe eine – wie man das heute so schön nennt - „Portfolio Career“. Denn ich bin nicht nur in Vollzeit als Leiterin Marketing & Kommunikation bei Mercedes-Benz Cars tätig, sondern habe nebenberuflich vor 10 Jahren auch die Outdoor-Fitness-Community LAUFMAMALAUF gegründet, die jede Woche tausende Mütter in Bewegung bringt.
Außerdem bin ich studierte Diplom-Kommunikationswirtin, prä- und postpartale Pilates-Trainerin, Beckenboden-Trainerin sowie Kursleiterin für Meditation und Entspannung.
Neben Marketing und Kommunikation sind meine großen Herzensthemen: die berufliche Weiterentwicklung von Frauen und das persönliche Wohlbefinden von Müttern. Ich engagiere mich als Mentorin und mache mich dabei stark für Themen, wie Leadership, Work-Life-Integration und Female Entrepreneurship.
Vor über 10 Jahren hast Du nebenberuflich LAUFMAMALAUF gegründet. Wie ist die Idee entstanden und welche Herzensmission steckt dahinter?
Die Idee zur Gründung von LAUFMAMALAUF kam definitiv aus meinem Bedürfnis heraus, etwas zu entwickeln, was die Welt ein Stückchen besser macht. Bei LAUFMAMALAUF trainieren die Mütter ja nicht nur mit Kind und Kinderwagen im Park und tun sich körperlich sowie mental etwas Gutes. Sie sind auch Teil einer starken Community von gleichgesinnten Frauen, die sich in dieser besonderen Lebensphase gegenseitig unterstützen.
Ich konnte mich einfach zu gut erinnern, wie ich als frischgebackene Mama nach diesem Austausch gelechzt habe. Und ich habe den „sozialen Klebstoff“ solcher Mama-Communities selbst erlebt: Zwei meiner besten Freundinnen habe ich vor 23 Jahren kennengelernt, als unsere Kids bei der selben Tagesmutter betreut wurden. Mit der Pekip-Gruppe unseres ältesten Sohn treffe ich mich heute noch (ohne die Kinder). Es ist Wahnsinn, was wir alles auf diesem Weg geteilt haben. Deshalb ist auch das körperliche und psychosoziale Wohlbefinden von Müttern die Mission von LAUFMAMALAUF. Wir wollen Mütter (und Schwangere) fit machen für ihren bewegten Mama-Alltag.
Du hast Deine Idee nebenberuflich aufgebaut. Würdest Du es rückblickend wieder so machen?
LAUFMAMALAUF ist ja ursprünglich als ganz kleines, lokales Pflänzchen gestartet. Im Oktober 2010 stand ich das erste Mal mit drei Mamas im Park zum gemeinsamen Outdoor-Sport. Ich habe quasi mein Business von der Pike auf selbst gelernt, mit viel Leidenschaft verfolgt und war sehr nah an der Zielgruppe dran.
Ein Jahr später gab es schon 15 Kursstandorte in Berlin und dann ging es auch außerhalb los mit selbständigen Standortleiterinnen in anderen Städten. Ab dann habe ich mit einem tollen Team zusammengearbeitet. Das Ganze ist sehr organisch gewachsen und durch meinen hauptberuflichen Angestelltenjob auch ohne Druck.
Wichtig bei einer nebenberuflichen Gründung: Bei den meisten Arbeitgebern muss vorab die Zustimmung eingeholt werden. Das habe ich natürlich gemacht. Trotzdem habe ich anfangs die beiden Bereiche total getrennt voneinander gehalten. Also quasi High Heels versus Sportschuhe. Bis ich vor ein paar Jahren in einer Zeitschrift über das Konzept der „Career Slashers“ gestolpert bin und gedacht habe: „Hui, das bin ja ich. Und das ist ja eigentlich eine ganz coole Sache!“
Mittlerweile empfinde ich das auch wirklich als eine Stärke von mir, so scheinbar diametral unterschiedliche Facetten in meiner Work Personality zu vereinen. Rückblickend hätte ich das schon viel früher machen können.
Was würdest Du Eltern raten, die gerne gründen möchten, aber sich noch unsicher sind? Aus Deiner Sicht was braucht man, um sich mit Kind/Kindern in die Selbstständigkeit zu wagen?
Grundsätzlich halte ich „Proof of Concept“ für sehr wichtig. Ideen haben ja viele. Aber ob sich eine Idee wirklich trägt, merkt man erst in der Umsetzung. Von daher Gas geben und einfach machen: Idee entwickeln, frühzeitig mit einem ersten Produkt oder Angebot rausgehen und schauen, ob und wie die Zielgruppe das annimmt. Das hat den Vorteil, dass das Risiko überschaubar ist und es quasi kostenlos und unmittelbar Feedbacks gibt, wie das Angebot noch besser gemacht werden kann.
Und ich würde empfehlen, wirklich mutig seine eigene Nische zu kreieren. Also nicht alle Menschen mit meinem Angebot bedienen zu wollen, sondern eine sehr spezifische Zielgruppe, die man wirklich sehr gut kennt und versteht. Eltern wägen bei einer Gründung sicherlich auch die Risiken besser ab, da sie ja nicht nur für sich verantwortlich sind, sondern auch Verantwortung für die Familie tragen. Insofern kann vor allem die Elternzeit eine gute Phase sein, um in die eigene Idee zu investieren und sich auszuprobieren. Viele Mütter wählen auch einen nebenberuflichen Start parallel zur sichern Festanstellung.
Und noch eine persönliche Empfehlung: Sucht Euch eine Mentorin oder einen Sparring-Partner, der/die schon 1-2 Jahre weiter ist und von dem/der Ihr lernen könnt. Was ich damals bei meiner ersten Gründung nicht hatte, aber mir gewünscht hätte: ein Mastermind, also eine Peer Group von anderen Gründerinnen, die parallel an ihren Ideen arbeiten und sich gegenseitig unterstützen und fordern.
Was sind Deine Gedanken zu family-work-life balance. Machbar oder unmöglich?
Ich spreche lieber von Integration als von Balance. Ich finde, wir machen uns sogar zusätzlichen Stress bei der ständigen Suche nach dieser Balance. Ehrlich gesagt, gibt es die doch in Wirklichkeit gar nicht.
Ich persönlich bin immer gut damit gefahren, dass ich Work und Life nicht hart voneinander getrennt habe. Ich hatte auch nie einen Job, bei dem ich zu einer festen Uhrzeit den Stift fallen lassen konnte, um dann zu 100 Prozent nur Mama zu sein. Da ist immer etwas „rübergeschwappt“. Ich habe Telefonkonferenzen auf dem Spielplatz gemacht oder mich abends noch mal an den Schreibtisch gesetzt.
Umgekehrt finde ich aber, dass Life & Family auch im Office stattfinden darf. Ich habe als berufstätige Mutter natürlich die Kindergarten-Theateraufführung meines Sohns besucht oder tagsüber mit dem Kinderarzt telefoniert oder ein Lehrergespräch geführt. Ich finde, es muss ein Geben und Nehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sein, wo beide Parteien von dieser Flexibilität profitieren.
Durch die Corona-Pandemie haben sich aus meiner Sicht noch mal mehr alte, verkrustete Strukturen gelöst. Durch ein Jahr unfreiwilliges Home-Office sind hoffentlich inzwischen alle Zweifel aus dem Weg geräumt hinsichtlich der Produktivität und den flexiblen Arbeitszeiten und -orten.
Wir von Parentime möchten Eltern auch als Team stärken. Was braucht es für ein gutes Elternteam aus Deiner Sicht? Wie organisiert Du Dich mit Deinem Partner?
Ich ziehe den Hut vor allen Alleinerziehenden. Es ist so viel leichter als Elternteam die durchaus herausfordernden und anstrengenden Jahre als junge Familie gut und ausgeglichen zu meistern. Mein Mann und ich haben zum Glück das gleiche Verständnis, dass sich beide Elternteile Haus- und Care-Arbeit 50:50 teilen sollten. Aber auch hier sind wir gut damit gefahren, nicht jeden Tag akkurat aufzurechnen, sondern das eher als Phasenmodell zu sehen.
Als die Kinder klein waren, hat mein Mann zum Beispiel als Unternehmensberater in einer anderen Stadt gearbeitet. In dieser Zeit habe ich natürlich mehr Familienarbeit geleistet. Umgekehrt hat er mehr Haushalt und Kinderbetreuung übernommen, als ich mich nebenberuflich selbständig gemacht habe. Und in stressigen Berufssituationen haben wir uns immer gegenseitig den Rücken frei gehalten. Wir haben wirklich jedes Wochenende mit unseren Kalendern zusammengesessen und abgeglichen, wer welche Dienstreise hat, wer wann die Kinder abholt oder den Kater zum Tierarzt bringt. Alles in allem rückblickend über die letzten 20 Jahre war es eine ziemliche faire Verteilung für uns beide.
Wie wichtig ist Dir ME TIME? Nimmst Du Dir regelmäßig Auszeiten und wenn ja, was tust Du dann?
Für mich persönlich super wichtig. Ich bin ja inzwischen in der privilegierten Situation, dass unsere Söhne so selbständig sind und ich sehr selbstbestimmt über meine Freizeit entscheiden kann. Diese verbringe ich dann mit Laufen, Home-Workouts, Büchern, meinen Freundinnen und natürlich mit meiner Familie.
Aber auch als die Kinder noch klein waren, haben mein Mann und ich uns gegenseitig unterstützt, damit jeder von uns regelmäßig Zeit für sich und eigene Projekte oder Freunde hatte. Ich persönlich finde das auch sehr wichtig. Mein Verständnis einer guten Partnerschaft ist, dass jeder Partner auch noch ein Eigenleben haben darf. Diese externen Impulse können spannend und interessant sein und die Beziehung bereichern.
Was hast Du in Deiner Rolle als Mutter am meisten über Dich und das Leben gelernt?
Dass das Gras auch nicht schneller wächst, wenn man daran zieht. Ich bin ja eher ein ungeduldiger, schnell handelnder Mensch und ich will oft viel und flott. Aber als Mutter im Alltag mit meinen Kindern habe ich auch eine gewisse Demut gelernt. Es ist definitiv gut, einen Anspruch und einen Plan zu haben. Aber ich musste auch erkennen, dass mitunter die Umstände ein anderes Tempo oder einen Richtungswechsel erfordern. Es gab genug Situationen, in denen es nicht so gelaufen ist, wie ich es mir gewünscht hätte. Dann ist „go with the flow“ angesagt – und das ist auch gut so.
Welcher Leitsatz bestimmt Dein Leben?
Stay curios! Neugier hat ja oft nicht so einen guten Ruf, wie man an Sprichwörtern sieht, z.B.: „Wer seine Nase in alles steckt, kann auch schon mal steckenbleiben.“ Ich empfinde meine Neugier aber eindeutig als Stärke. Mich interessiert, was in der Welt passiert und vor allem auch warum. Und ganz besonders interessiert mich, was Leute denken und was dahinter steckt, was sie bewegt und antreibt.
Das ist zum einen für meinen Job als Marketingleiterin wichtig, einfach immer up-to-date zu sein, was in Gesellschaft, Kunst, Kultur und Wirtschaft passiert und, was Menschen motiviert. Zum anderen empfinde ich das als eine enorme Bereicherung für meine eigene, persönliche Weiterentwicklung. Ständig Neues zu lernen, zu wachsen und nicht stehen zu bleiben – das ist wahrscheinlich mein größter Antreiber.
Liebe Katja, vielen lieben Dank für dieses so inspirierende und tolle Interview!