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Vereinbarkeit und Mental Load – Liebe Mütter, bereitet euch schon in der Schwangerschaft vor

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Johanna

28. Sep. 2020


Dein Schwangerschaftstest ist positiv. Neben der Freude über das kleine Wunder flammt ein kleiner Panikanflug auf: „Kann ich das überhaupt?" „Wie soll ich das alles schaffen?“

Keine Sorge! Das ist normal. Diese kleinen Zweifel-Attacken kommen wieder. Sieh sie als Zeichen, dass das Leben mit Kind ganz anders ist, als das Leben ohne Kind. Nimm diese Zweifel ernst und stelle dir in der Schwangerschaft die grundlegenden Fragen: „Wie will ich leben?" „Wie stelle ich mir mein Familienleben vor?" „Wie will ich arbeiten?“

Was ist dieses Mental Load und warum soll ich mich in der Schwangerschaft schon damit auseinandersetzen?

Mental Load ist die unsichtbare Arbeit, die nötig ist, um die sichtbare Arbeit zu erledigen. Das klingt sehr abstrakt. Hier ein kleines Beispiel: Deine Mutter hat bald Geburtstag. Du möchtest sie besuchen und ihr ein kleines Geschenk und einen Kuchen mitbringen. Damit das klappt, musst du vorher einige Dinge erledigen. Beispielsweise überlegst du dir erst einmal, welches Geschenk ihr gefallen könnte. Dann musst du das Geschenk besorgen und verpacken. Gleiches gilt für den Kuchen. Welchen Kuchen backst du? Welche Zutaten musst du besorgen? Hast du überhaupt Zeit zu backen? Der Besuch bei deiner Mutter ist also die sichtbare Arbeit. Alles was vorher ist, die unsichtbare, die nebenherläuft, aber getan werden muss. Ansonsten kannst du deine Mutter nicht mit Geschenk und Kuchen besuchen.

„Ist doch kein Problem“, denkst du dir jetzt vielleicht. Solange dein Leben selbstbestimmt ist, hast du mehr Zeit. Vielleicht hast du bis dahin auch noch nichts von Mental Load gehört. Spätestens wenn dein Baby auf der Welt ist und du wieder anfängst zu arbeiten, kann es jedoch sehr stressig werden. Das Stichwort lautet „Vereinbarkeit von Familie und Beruf".

Zum Glück hast du in der Schwangerschaft schon die Möglichkeit, einige Weichen zu stellen, um Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen und deinen Mental Load gering zu halten.

Vereinbarkeit hat mit Selbstbestimmung zu tun

Sobald das Baby da ist, fällt deine Selbstbestimmung erst einmal weg. Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, fühlt sich unmöglich an. Es gibt viel zu viel zu tun in einer zu kurzen Zeit. Für viele Mütter fühlt es sich an, als würde alles auf ihren Schultern lasten. Auf einmal müssen sie sich um so viel kümmern, an ihnen bleibt zu viel hängen. Sie kommen unter die Räder und fühlen sich überfahren. Mental Load wird zu einem Thema.

Daran denken die wenigsten von ihnen in der Schwangerschaft. Das ist verständlich. Denn die Schwangerschaft, vor allem mit dem ersten Kind, ist einfach so aufregend. Es kommt so viel Neues auf sie zu.

Sei die Taktgeberin in deinem Leben!

Nutze die Schwangerschaft, um herauszufinden, was dir in deinem Leben wichtig ist. Wenn ich an meine Schwangerschaften denke, war ich ohnehin ganz oft dabei, mir die Zukunft mit Baby auszumalen oder zumindest darüber nachzudenken: „Wie wird das Leben mit Baby?" „Was wird es für ein Menschlein?" Diese Träumerei kannst du direkt nutzen, um ein bisschen konkreter zu werden. Stell dir auch die Fragen: „Wie willst du leben?" „Was willst du erreichen?" „Welche Werte willst du deinem Kind/deinen Kindern mitgeben?" Es lohnt sich, alles aufzuschreiben. Am besten machst du dieses Gedankenexperiment mit deinem/deiner Partner/in.

Male das Bild deiner glücklichen Familie

Je älter ich werde, desto mehr entdecke ich charakterliche Ähnlichkeiten zu meinen Eltern - leider nicht nur die guten. Unsere Eltern sind lange unsere Vorbilder und prägen uns. Das kommt spätestens wieder hoch, wenn wir eine eigene Familie gründen. Auch die Rollen, die unsere Eltern uns vorgelebt haben, können uns schneller einholen, als wir uns das wünschen. Oft erlebe ich es in meinem Arbeitsalltag, dass Mütter mit ihrer beruflichen Entwicklung unzufrieden sind, weil sie auf langweilige Teilzeitstellen rumhängen, für die sie überqualifiziert sind. „Das hat sich irgendwie so ergeben“, ist oft die Erklärung dafür.

Die Mütter haben länger Elternzeit genommen als die Väter, und steigen dann in Teilzeit wieder ein. Da sie mehr Zeit zu Hause verbringen, kümmern sie sich vorwiegend um Haushalt und Kinder. Ein großer Teil von Mental Load bleibt folglich an ihnen hängen. Es festigt sich ein Rollenbild, was keiner der Partner vorher so gewollt hat. Daher lohnt sich ein permanenter Austausch über das ideale Familienleben, angefangen in der Schwangerschaft. „Wer kümmert sich um was?" „Welches Rollenvorbild will ich meinen Kindern vorleben?" „Wie sind wir Eltern ein gutes Team?"

Nutze deine aktuelle Position

Klare Absprachen mit dem Partner erleichtern Mütter den Wiedereinstieg in den Job und vereinfachen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist der erste Baustein. Der zweite ist die geplante Rückkehr in den Beruf. Derzeit läuft es häufig so ab, dass nach Verkündung der Schwangerschaft zunächst die Dauer der Elternzeit geklärt wird. Manchmal kommt es sogar vor, dass vom Arbeitgeber überhaupt keine Initiative erfolgt.

Solange du im Arbeitsleben noch stehst, hast du die bestmögliche Verhandlungsposition. Du bist in der Firma präsent. Deine Arbeit wird geschätzt. Du bist integriert. Sobald du dich in den Mutterschutz und die anschließende Elternzeit verabschiedest, verblasst deine Position. Die Firma muss sich neu ordnen, um deine Aufgaben zu übernehmen. Je länger du weg bist, desto weniger wird dein Arbeitgeber noch auf dich angewiesen sein. Im schlimmsten Fall kommst du zurück und es gibt keine spannenden Aufgaben mehr für dich. Du fühlst dich nicht zugehörig. Nimm das Zepter also bereits in deiner Schwangerschaft in die Hand. Kläre für dich wichtige Punkte und bereite das Gespräch mit deinem Arbeitgeber vor. Stelle dir zuvor folgende Fragen:

  • Wann will ich zurückkehren?

  • Zu welchen Zeiten und wie viele Stunden möchte ich arbeiten?

  • Möchte ich perspektivisch die Stundenzahl erhöhen? Wann?

  • Kann ich von zu Hause arbeiten?

  • Bin ich zu Dienstreisen bereit?

  • Wie kann ich mit dem Unternehmen in Kontakt bleiben?

  •  Wie werde ich über wichtige Entwicklungen informiert?

  • Kann und will ich während der Elternzeit Urlaubs- und Krankheitsvertretungen oder befristete Projekte übernehmen?

  • Kann und will ich während der Elternzeit eine Fortbildung machen?

  • Welche Projekte/ Aufgaben habe ich betreut?

  • Wer kann was übernehmen?

  • Wird es eine(n) Nachfolger(in) geben?

  • Kann ich die Einarbeitung übernehmen?

  • Welche Projekte / Aufgaben haben mir Spaß gemacht?

  • Was möchte ich nach meiner Elternzeit wieder übernehmen?

  • In welchem Bereich möchte ich eingesetzt werden? Welche alternativen Bereiche kann ich mir vorstellen? Wo sind meine Grenzen?

Kurskorrektur nötig?

Mit den Antworten legst du einen guten Grundstein für eine gute Verteilung des Mental Loads und einen gelungenen Wiedereinstieg. Natürlich weiß niemand, was in einem Jahr sein wird. Du wirst zwar kein anderer Mensch werden. Erfahrungsgemäß verschieben sich allerdings die Werte und Prioritäten ein wenig. Sicher ist: Mit der Geburt deines Kindes wird dein Leben anders werden.

Sobald sich ein bisschen Routine mit dem Baby eingespielt hat, gehe die Fragen nochmal durch. Mach dir einen Plan, nutze deine Elternzeit für dich und deine Entwicklung. Gestalte dein glückliches Leben mit deinem Baby.